Stichtage können bei der Einführung der Wärmepumpe nicht helfen – der Emissionshandel schon

Die benötigten Wärmepumpen gibt es genauso wenig wie die erforderlichen Handwerker

Mühsam haben sich die drei Regierungsparteien nun also auf einen Kompromiss zur Wärmepumpe geeinigt. Vorgeschrieben wird sie nur noch für Neubauten oder bei vollständigem Ersatz einer alten Heizung, wenn eine Reparatur nicht mehr möglich ist. Ausnahmen soll es geben für Heizungen, die mit Biogas oder Wasserstoff betrieben werden – die Mehrheit der Bürger dürfte das nicht betreffen. Diese Alternativen wurden vermutlich vor allem deshalb aufgenommen, damit man als Gesetzgeber behaupten kann, technologieoffen gehandelt zu haben.

In Deutschland heizen rund fünf Millionen Haushalte mit Öl und etwa 14 Millionen mit Gas. Grob überschlagen kommt man bei einer unterstellten Lebensdauer von 20 Jahren auf eine Million Heizungen, die pro Jahr durch eine Wärmepumpe ersetzt werden müssen. Dazu kommen dann noch rund 100.000 Neubauten pro Jahr. Wir fragen uns, wer die ganzen Wärmepumpen bis 2024 produzieren soll und wer sie einbauen soll. Zur Einordnung: Das ist mehr als es derzeit in Deutschland insgesamt an Wärmepumpen gibt und ungefähr das 4-fache des Absatzes aus 2022. Dabei wird oft vergessen, dass Wärmepumpen wirklich keine neue Erfindung sind. Die technischen Grundlagen wurden vor mehr als 100 Jahren gelegt, und es verwundert ein wenig, wenn Wärmepumpen jetzt als energietechnischer „Heilsbringer“ aus dem Hut gezaubert werden. Schon im Jahr 1978 wurde in Deutschland das Gesetz zur Förderung der Modernisierung von Wohnungen und zur Einsparung von Heizenergie erlassen. Mit diesem Gesetz sollte schon damals der Einbau von Wärmepumpen gefördert werden. Nach rund 45 Jahren gibt es nun etwa eine Million installierte Wärmepumpen – ein Wert, der jetzt jedes Jahr für Neuanlagen erreicht werden muss. Der Bundesverband Wärmepumpe gab diesen Monat angesichts der großen Differenz zwischen Angebot und Nachfrage wenig überraschend die durchschnittliche Wartezeit auf eine Wärmepumpe mit 18 Monaten an.

Und gäbe es die Wärmepumpen, hätten wir kaum den Strom, sie zu betreiben

Strom bräuchten die 1,1 Millionen neuen Wärmepumpen auch noch: Bei ungefähr 5.000 kWh pro Anlage beläuft sich dies insgesamt auf 5,5 Mrd. kWh jährlich, was nach heutigem Stand etwa einer Zunahme des Strombedarfs privater Haushalte (rund 130 Mrd. kWh) von vier Prozent pro Jahr entspricht. Zum Vergleich: Ein Atomkraftwerk liefert pro Jahr etwa zehn Mrd. KWh Strom. Rechnerisch benötigte man nach 20 Jahren (um hier einmal im theoretischen Beispiel mit Atomkraftwerken zu bleiben und die Dimension des Strombedarfes aufzuzeigen) etwa zehn zusätzliche Atomkraftwerke, um den benötigten Strom für Wärmepumpen zu produzieren.

Für Deutschland ist das Beispiel mit Atomkraftwerken allerdings rein theoretisch; die Bundesregierung setzt hier vor allem auf den Ausbau erneuerbarer Energien. Und hier kommt das nächste Problem: Die Wärmepumpen werden nahezu gleichzeitig in den kalten Wochen des Jahres den größten Teil ihres Jahresstrombedarfs abrufen. Unterstellt man für eine grobe Überschlagsrechnung, dass in drei Winter-Monaten 80 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs anfallen, steigt der zusätzliche Strombedarf privater Haushalte in dieser Zeit um fast 14 Prozent. Diesem zusätzlichen Bedarf steht nun auch dummerweise noch eine ebenso jahreszeitbedingte geringere Stromproduktion auf Basis erneuerbarer Energien gegenüber, da an den kürzeren Wintertagen mit flacherer Sonneneinstrahlung die Photovoltaik deutlich weniger leisten kann und die Windgeschwindigkeiten signifikant unter dem jährlichen Durchschnitt liegen. Ein gutes Beispiel dafür ist der November 2022; hier wurde über mehrere Wochen hinweg der Strom fast nur mit Gas, Kohle und Atomkraft produziert, da Wind und Sonne mehr oder weniger ausgefallen waren. Wenn nun demnächst auch die Atomkraft wegfällt, wird der Strom für Wärmepumpen physikalisch fast zwingend zu einem sehr großen Teil mit Kohle und Gas hergestellt. Der geforderte Stromanteil von 65% erneuerbarer Energie für Wärmepumpen erscheint dementsprechend nahezu (oder sogar komplett) ausgeschlossen.

Nun lässt sich das Problem der Dunkelflaute nicht lösen, und größere Speicher für Strom, die über einen Zeitraum von zwei oder drei Wochen funktionieren, existieren in Deutschland nicht. Auch in 20 Jahren wird sich dies nicht grundsätzlich geändert haben. Da jedoch zusätzlich zu den Atomkraftwerken auch Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, benötigt Deutschland bei gleichzeitig steigendem Strombedarf dementsprechend eine sehr große Menge an (neuen) Gaskraftwerken als Backup für solche Zeiten. Vielen ist das gar nicht bewusst. Wegen der Gefahr von Dunkelflauten müssen Wind- und Sonne unabhängige Stromerzeuger ohne noch nicht erfundene riesige Stromspeicher immer mit dem Angebot der grünen Stromanbieter mitwachsen.

Dabei sind wir nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Wärmepumpentechnik: Es sprechen sehr gute (wiederum physikalische) Gründe dafür, langfristig auf diese Technik zu setzen, denn mit einer Einheit Energie kann mehr als eine Einheit Energie zum Heizen bereitgestellt werden – ein grundsätzlich grandioser Ansatz. Wir halten es daher auch für völlig richtig, dass der Umstieg zur Wärmepumpe mit Nachdruck vorangetrieben wird, so wie dies offensichtlich schon 1978 versucht wurde. Aber liebe Bundesregierung, mit der Holzhammer-Methode wird es auch diesmal nichts werden. Vor allem der Stichtag 1.1.2024 funktioniert nicht. Und um es ganz deutlich zu sagen: Auch eine Stichtags-Verschiebung bringt nichts. Denn Neubauten werden nun einmal jedes Jahr gebaut und alte Heizungen gehen auch jedes Jahr kaputt. Durch einen späteren Stichtag wird die Einbaulast also nicht geringer. Als negativer Nebeneffekt kämen nur noch mehr unerwünschte Panikkäufe von Haushalten dazu, die vor dem Ausfall ihrer Heizung noch schnell eine neue und günstigere Öl- oder Gasheizung einbauen lassen.

Eine Lösung bietet die Ausweitung des Emissionshandels

Wie kommt man aus dem Dilemma raus, wenn auch ein Verschieben des Stichtages nichts bringt? Eigentlich ist es ganz einfach: Man müsste einen kleinen Teil der für 2028 auf europäischer Ebene beschlossenen Ausweitung des Emissionshandels vorziehen. Wenn die Emissionen aus der Verbrennung von Gas oder Öl einen Preis bekommen, weil für Heizen damit Emissionsrechte vorgelegt werden müssen, werden dauerhafte finanzielle Anreize zum Umstieg geschaffen. Das gilt umso mehr dann, wenn das Aufkommen aus der Versteigerung der Rechte wieder gleichmäßig an die Bürger ausgeschüttet würde. Das in Deutschland bereits eingeführte Brennstoffemissionshandelsgesetz wäre dafür eine gute Basis, auch wenn es derzeit noch eine Steuer ist. Aus dieser Steuer müsste sich ein effektiver Handel mit Emissionsrechten für die private Verbrennung von Gas und Öl entwickeln, bei dem die Rechte tatsächlich knapp sind und deren Anzahl von Jahr zu Jahr reduziert wird. Der Rest würde sich von alleine regeln, und das ohne problematische volkswirtschaftliche Verwerfungen. Einen unrealistischen Stichtag, bei dem gesetzliche Vorgaben mit industriellen Grenzen kollidieren gäbe es dann jedenfalls nicht – ehrgeizig wäre das Vorhaben aber allemal.

 

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