Die Integration in das EU-ETS
Die internationale Schifffahrt wird dieses Jahr neben der Energiewirtschaft, der energieintensiven Industrie und der Luftfahrt auch in das EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) eingebunden. Die Integration soll dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen weiterhin signifikant zu reduzieren. Weltweit entfallen etwa 2,9% der CO2-Emissionen auf die Schifffahrt, während in der EU dieser Anteil bei 3,7% liegt.
Die neuen Regelungen sehen eine schrittweise Einführung der Verpflichtung zum Erwerb von Emissionsrechten für die Schifffahrt vor. Konkret bedeutet dies, dass ab 2024 zunächst 40% der Emissionen durch EUAs abgedeckt werden müssen, wobei dieser Anteil bis zum Jahr 2026 auf 100% ansteigt. Diese gestaffelte Einführung soll Schiffsbetreibern die Anpassung an die neuen Bedingungen erleichtern.
Erhöhter Bedarf an EUAs
Um den erhöhten Bedarf an Emissionszertifikaten zu decken, plant die EU, 2024 78,4 Mio. zusätzliche Emissionsrechte zu versteigern. Diese Maßnahme zielt darauf ab, einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten und gleichzeitig die Integrität des Emissionshandelssystems zu wahren.
Diese Erhöhung um knapp 80 Mio. Emissionsrechte basiert auf den durchschnittlichen CO2-Emissionen des EU-Seeverkehrs in den Jahren 2018 und 2019, wie sie im MRV (Monitoring, Reporting, and Verification) erfasst wurden, unter Berücksichtigung des reduzierten geografischen Anwendungsbereichs für die Seeschifffahrt. Auf diese Emissionen wird der im EU-ETS geltende lineare Reduktionsfaktor (LRF) von 4,3% rückwirkend angewendet. Ab 2028 wird der LRF auf 4,4% erhöht. In den Jahren 2026 und 2027 wird die Menge der Zertifikate erneut erhöht, um der Einbeziehung von weiteren Treibhausgasen wie Methan- und Lachgasemissionen und den Emissionen von erst später einbezogenen Offshore-Schiffen Rechnung zu tragen.
Die 78,4 Millionen zusätzlichen EUAs werden genau wie bisher zwischen allen im EU-ETS einbezogenen Sektoren frei handelbar sein, was bedeutet, dass diese Zertifikate sowohl von Akteuren im maritimen Sektor als auch in anderen Sektoren, die unter das EU-ETS fallen, genutzt werden können. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die Flexibilität und Effizienz des Marktes zu erhöhen und den Teilnehmern zu ermöglichen, ihre Emissionsreduktionsziele auf kosteneffiziente Weise zu erreichen.
Erreichung der Klimaziele
Neben der Integration des Seeverkehrs in das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) sind weitere wesentliche Erweiterungsschritte geplant, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Insbesondere beinhaltet das „Fit for 55“-Paket der EU-Kommission vom 14. Juli 2021 mehrere legislative Änderungen, um die EU-Instrumente für Energie und Klima an das Ziel anzupassen, die Emissionen bis 2030 um 55% gegenüber 1990 zu reduzieren. Ein signifikanter Schritt in dieser Hinsicht ist die Einführung eines neuen ETS für Gebäude und den Straßenverkehr, bekannt als ETS 2. Die Einführung von ETS 2 ist ein wesentlicher Teil des umfassenden Ansatzes der EU, ihre Klimaziele zu erreichen, und reflektiert die Notwendigkeit, die Emissionsreduktionen über die Industrie und Energieerzeugung hinaus auf breitere Wirtschaftssektoren auszudehnen. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund der Beobachtung, dass signifikante CO2-Reduktionserfolge in Europa nahezu nur in den Sektoren erzielt wurden, in denen der Emissionshandel jetzt schon verpflichtend gilt.
Bezüglich der Vermeidung von Doppelbelastungen, insbesondere im Kontext nationaler Emissionshandelssysteme wie dem deutschen nationalen Emissionshandelssystem (nEHS), sind Anpassungen vorgesehen. Mit der Einführung des EU-ETS 2 wird das deutsche nationale Emissionshandelssystem (nEHS) in den nächsten Jahren voraussichtlich überarbeitet oder in das EU-ETS 2 überführt. In diesem Prozess wird geprüft, ob die (gewerbliche) nationale Schifffahrt weiterhin vom nEHS oder dem EU-ETS 2 ausgenommen bleibt. Ziel ist es, Doppelbelastungen zu vermeiden und sicherzustellen, dass alle Schifffahrtssegmente von den Emissionsminderungsmaßnahmen erfasst werden, insbesondere im Hinblick auf die zukünftige Ausweitung des EU-ETS auf andere Schiffstypen und -größen.
Wie vermutlich alle Volkswirte sind auch wir bei CAP2 davon überzeugt, dass dies trotz der überschaubaren Bedeutung der Seeschifffahrt für den Klimawandel ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist. Der Europäische Emissionshandel hat mehrfach bewiesen, dass er einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. So konnten nach EU-Angaben die EU-Emissionen in den erfassten Sektoren bis 2020 bereits um signifikante 41% seit der Einführung des Emissionshandels reduziert werden. Mehr noch: dass über die kontinuierliche Verknappung der Emissionsrechte der Ausstoß klimaschädlicher Gase stärker reduziert werden kann, als durch alle bekannten Alternativen, hatten wir bereits in einem unserer Standpunkte ausgeführt.
Ein Ausblick
Die Integration weiterer Sektoren ist immer mit gewissen Risiken verbunden: Sollen änderungsinduzierte Preisausschläge vermieden werden, muss die zusätzliche Nachfrage durch eine maßvolle Ausweitung der durch die Mitgliedsstaaten versteigerten EUA flankiert werden. Wir haben den Eindruck, dass zusätzliche Nachfrage und Angebot hier behutsam tariert wurden. In jedem Fall können hieraus wichtige Erfahrungen gewonnen werden, die für die Einführung des ETS 2 mit den um ein Vielfaches bedeutenderen Sektoren Gebäude und Straßenverkehr gewonnen werden.
Weiterführende Informationen finden Sie in dem Artikel „Ausweitung des EU-ETS auf den Seeverkehr“ des Bundesumweltamtes vom 5. Oktober 2023.